Presse­aussendung: Integrations­haus zum Welt­flüchtlings­tag

Flüchtlingsschutz auf europäischer Ebene gefährdet

Auf europäischer Ebene sind in den letzten Jahren die positiven Entwicklungen, die durch das Bemühen um ein gemeinsames europäisches Asylsystem vorangetrieben wurden, wieder stark ins Wanken geraten. Die nach Sicherheit suchenden Menschen aus den vielen Krisengebieten werden von nationalistischen und rechtspopulistischen Bewegungen als Bedrohung gesehen, die es rechtfertigt, die Verantwortung für den Flüchtlingsschutz abzugeben und im Gegenzug Maßnahmen zur Abwehr von Flüchtlingen zu schaffen. Durch Obergrenzen, Verhinderung sicherer Fluchtrouten und Diffamierung von Hilfsorganisationen, wendet sich Europa von einem solidarischen und humanen Umgang mit dem weltweit immer massiver werdenden Flüchtlingsproblem ab.
"Wir fordern auf europäischer Ebene ein Bekenntnis und entsprechendes Handeln im Sinne des Schutzes und der Integration von Flüchtlingen. Dafür müssen sichere Fluchtwege eröffnet und ausreichende Mittel für die Aufnahme und den gesicherten Verbleib von Menschen mit Fluchthintergrund bereitgestellt werden", fordert die Geschäftsführerin des Integrationshauses Eraslan-Weninger. Es müssen beispielsweise Resettlement-Programme entwickelt werden, die auch die langfristige Integration dieser Menschen in Europa ermöglichen.

Keine Rückschiebungen nach Afghanistan.


Die Sicherheitslage in Afghanistan hat sich in den letzten zwei Jahren kontinuierlich verschlechtert. Dies wird durch zahlreiche Berichte der internationalen Staatengemeinschaft und vor Ort ansässigen NGOs belegt. Der Anstieg der Gewalt wird auch durch die Länderinformationen der österreichischen Behörden und Gerichte im Wesentlichen bestätigt. Trotzdem haben sich die österreichische Entscheidungspraxis und die Judikatur im Laufe von 2016/2017 verschärft und es ist zu ganz negativen rechtskräftigen Entscheidungen gegen afghanische Schutzsuchende gekommen, die vor der so genannten „Flüchtlingskrise“ wohl noch auf die Schutzgewährung in Österreich hätten vertrauen dürfen. "Diese rechtliche Entwicklung steht im eklatanten Widerspruch zur Entwicklung der Sicherheitslage in Afghanistan und stellt ein Armutszeugnis für die Objektivität und Skrupelhaftigkeit der österreichischen Behörden und Gerichte dar, die sich offensichtlich dem politischen Druck beugen, abschreckende Entscheidungen für Schutzsuchende aus Afghanistan zu erlassen, die eine weitere Fluchtbewegung nach Österreich verhindern sollen", kritisiert Eraslan-Weninger, Geschäftsführerin des Integrationshauses. Dabei hat sich das Bundesverwaltungsgericht Sachverständiger bedient, deren Expertise nicht nachvollziehbar ist. Mündliche Verhandlungen wurden nicht durchgeführt, obwohl dies in vielen Fällen rechtlich erforderlich gewesen wäre. Leider wurde jene Vorgehensweise von den obersten Gerichten des öffentlichen Rechts in vielen Fällen gedeckt. Klient*innen des Integrationshauses waren bislang nur von ganz negativen Entscheidungen erster Instanz betroffen. "Es ist jedoch zu befürchten, dass auch unsere Klient*innen von den Verschärfungen der Judikatur betroffen sein werden. Schon jetzt löst die rechtliche Situation große Unsicherheit und Verzweiflung bei den betroffenen Schutzsuchenden aus Afghanistan aus", befürchtet das Integrationshaus.

Integration braucht mehr.


Bei der Beschlussfassung des Integrationsgesetzes und des Integrationsjahrgesetzes sind leider viele entscheidende Rahmenbedingungen für Integration vollkommen unberücksichtigt geblieben sind. "Dies betrifft den Familiennachzug, menschenwürdiges und erschwingliches Wohnen, ein flächendeckendes Angebot an psychologischer und therapeutischer Betreuung für traumatisierte Menschen sowie eine ausreichende Mindestsicherung, um nur einige Beispiele zu nennen. Besonders ärgerlich ist in diesem Zusammenhang, dass ein Zugang zum Arbeitsmarkt für Asylsuchende nach längstens 6 Monaten nicht in das Gesetzespaket aufgenommen wurde. Es fehlt auch, dass jugendliche Asylwerbende in allen Berufssparten eine Lehre absolvieren können oder die Berücksichtigung von Asylsuchenden im Rahmen der Ausbildungspflicht", kritisiert Eraslan-Weninger. Um die Arbeitsmarktintegration von Menschen in der Grundversorgung zu unterstützen, wäre es wichtig, eine Zuverdienstgrenze bis zur Geringfügigkeit einzuführen. "Leider wurde die Chance, ein einheitliches Integrationssystem für alle zu schaffen wieder einmal vertan", bedauert das Integrationshaus.

Ständige Gesetzesverschärfungen und kurzsichtige Politik.


Einerseits gibt es ein großes Engagement und viel Potenzial von Seiten der Zivilbevölkerung und einiger engagierter Politiker*innen, die sich für Flüchtlinge stark machen, andererseits gibt es eine sehr bedenkliche Politik von Außen- und Integrationsminister und Innenminister, die mit ihrer Politik der Angstmache eine negative Stimmung in Österreich und in Europa erzeugen und damit auch auf europäischer Ebene eine sehr negative Vorbildwirkung haben. So wird leider der Schutz von Flüchtlingen durch ständige Verschärfungen im Asyl- und Fremdenrecht immer weiter ausgehöhlt und auch unangebrachte Angst in der Bevölkerung erzeugt.
Im Integrationshaus bemühen wir uns, unsere Angebote für Menschen mit Fluchterfahrung in allen Fachbereichen auszubauen und weiter zu entwickeln um adäquate Beratungs-, Betreuungs- und Bildungsangebote zur Verfügung zu stellen. So konnte die Anzahl der Mitarbeiter*innen in den letzten beiden Jahren fast um ein Drittel auf 143 Personen ausgebaut werden. 7.111 Unterbringungs-, Beratungs-, Betreuungs-, Schulungs- und Kinderbetreuungsplätze können pro Jahr vom Integrationshaus bereitgestellt werden. Die drei größten Gruppen von Flüchtlingen, die das Integrationshaus im Rahmen der Grundversorgung betreut, stammen aus Afghanistan, Syrien und dem Irak, gefolgt von Tschetschenien, dem Iran und Somalia. Viele neue Projekte, wie z.B. das betreute Wohnprojekt First Flat für Jugendliche über 18 Jahre, die als unbegleitete Minderjährige gekommen sind und mit der Volljährigkeit die Wohngemeinschaften verlassen müssen, konnten als neue Ressourcen zur Verfügung gestellt werden. Leider muss aktuell die erst Anfang 2016 eröffnete Wohngemeinschaft für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, Caravan 3, für unbegleitete Flüchtlingskinder unter 14 Jahre im 22. Bezirk, mangels Belegung auch schon wieder geschlossen werden, da aufgrund der unverantwortbaren Abschottungspolitik diese Kinder und Jugendlichen mit Fluchterfahrung es zumeist nicht mehr schaffen bis nach Österreich zu kommen. "Es ist vollkommen unverständlich und unsinnig, dass viele der mühsam aufgebauten professionellen Strukturen nun wieder zerschlagen werden, anstatt diese wertvollen Ressourcen zum Beispiel im Rahmen der Relocation für besonders vulnerable Gruppen zu nützen", kritisiert Eraslan-Weninger abschließend die kurzsichtige Politik.

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