Niemand flüchtet freiwillig!

Bewohner*innen des Integrationshauses im Stiegenhaus

Die Genfer Flüchtlingskonvention ist heute wichtiger denn je: Denn so lange Menschen verfolgt werden, kann auf das internationale Bekenntnis zum Recht auf Asyl nicht verzichtet werden. Niemand flüchtet freiwillig. Sein Heimatland zu verlassen ist immer der letztmögliche Ausweg auf der Suche nach Schutz, Freiheit und Sicherheit. Die Genfer Flüchtlingskonvention bietet den gemeinsam vereinbarten Handlungsrahmen dafür, wie die Vertragsstaaten Asylsuchende aufnehmen müssen, um sich wieder ein selbstbestimmtes Leben aufbauen zu können.

Vor 70 Jahren unterzeichneten zahlreiche Staaten die Genfer Flüchtlingskonvention und bekannten sich dazu, dass jeder Mensch das Recht hat, in einem der Vertragsstaaten Asyl beantragen zu können. Mit dem Protokoll von 1967 sind es insgesamt 149 Staaten weltweit, die sich für den Schutz von persönlich verfolgten Menschen aussprachen, egal ob sie „wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung“ (Genfer Flüchtlingskonvention, Kapitel 1/Abs.1) flüchten mussten.

Drei Aspekte wollen wir aufgrund von aktuellen Anlässen besonders hervorheben:

 Jeder Mensch hat das Recht, aufgrund von begründeter Furcht vor persönlicher Verfolgung, in einem Vertragsstaat Asyl zu beantragen. Damit hat er auch das Recht angehört zu werden.

Und damit hat auch jede*r Asylsuchende das Recht auf eine Entscheidung im Asylverfahren. Diese Verfahren müssen so gestaltet sein, dass die Flüchtlingskonvention auch ihre Kraft entfalten kann und Antragsteller*innen sich in der Lage sehen, ihre Fluchtgründe so aussagekräftig wie möglich darzulegen. Die Aussage des/der Asylwerbenden ist oft das einzige Beweismittel, das zur Verfügung steht. Es kann - unter anderem aufgrund von Traumatisierungen auf der Flucht oder im Heimatland - schwierig sein, die Fluchtgeschichte glaubhaft zu machen. Dieser Umstand muss in jedem Verfahren berücksichtigt werden. Flucht kann auch nicht durch Quoten geregelt werden – wir setzen uns dafür ein, dass das auch so bleibt!

Zurückweisungen, so genannte Push-backs an der Grenze, widersprechen dem Grundgedanken der Genfer Flüchtlingskonvention:

Gemäß der Genfer Flüchtlingskonvention hat jeder Mensch in einem Vertragsstaat das Recht, angehört zu werden und um Asyl anzusuchen. Diese internationale Vereinbarung ist von jedem Land umzusetzen, das die Genfer Flüchtlingskonvention unterzeichnet hat.

Die Genfer Flüchtlingskonvention wurde vor 70 Jahren so verfasst, dass sie für alle Menschen gleichermaßen gültig ist, egal welchen Alters.

Heute zeichnet sich ab, dass eine besondere Berücksichtigung des Kindeswohls und der altersgerechten Umsetzung der Asylverfahren unbedingt notwendig sind. Hier muss die Genfer Flüchtlingskonvention im Sinne des besonderen Schutzes von Kindern unbedingt weitergedacht werden. Der kürzlich veröffentlichte UNHCR-Kindeswohlbericht weist darauf hin, dass die Flüchtlingskonvention kindgerecht ausgelegt und angewendet werden muss. Beispielsweise können Handlungen und Bedrohungen, die für Erwachsene noch nicht die notwendige asylrelevante Eingriffsintensität aufweisen, für Kinder bereits asylrelevant sein. Bei Kindern und Jugendlichen können daher nicht nur alle Konventionsgründe relevant sein, sie können auch aufgrund des unabänderlichen Merkmals „Kind sein“ einer spezifischen Verfolgung ausgesetzt sein. (UNHCR - der Kindeswohlvorrang im Asylverfahrenskontext, UNHCR Österreich, Juni 2021). Auch der kürzlich veröffentlichte Bericht der unabhängigen Kindeswohl-Kommission unter der Leitung von Dr. Irmgard Griss kommt zu dem Schluss, dass die Vollzugspraxis im Asyl- und Fremdenwesen die Kinderrechte und das Kindeswohl in vielen Bereichen in Österreich nur unzureichend wahrt.

Die Genfer Flüchtlingskonvention ist ein internationales Bekenntnis zum Schutz von Geflüchteten - besinnen wir uns auf unsere europäischen Werte und sorgen wir für humane Grenzen: rücken wir so genannte Resettlement-Programme, also legale Fluchtwege für Menschen, denen der Schutz des Herkunftslandes entzogen wurde, in den Fokus der politischen Interessen. Denn Flucht ist kein Verbrechen, sondern ein Menschenrecht und eine legale Möglichkeit, sich und seine Familie in Sicherheit zu bringen. Die Genfer Flüchtlingskonvention bietet dafür den bestmöglichen Rahmen und ist heute wichtiger denn je.

Zum Volltext der Genfer Flüchtlingskonvention

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