Nach 26 Jahren: Abschied aus der Geschäftsführung
"Nach mehr als 26 Jahren als Geschäftsführerin des Integrationshauses werde ich mich am 28.2.2021 in die Pension verabschieden. Es ist ein Abschied, der mir nicht leicht fällt, da die Arbeit im Integrationshaus für mich sehr, sehr viel mehr als ein Job war. Ich konnte hier alle meine Erfahrungen, mein Expert*innenwissen und meine Kompetenzen im Bereich Flucht, Migration und Integration tagtäglich für Geflüchtete einsetzen und meine Haltungen leben. Dafür bin ich dankbar. Besonders wichtig war mir dabei die Professionalisierung der Arbeit mit Geflüchteten im Bereich der Beratungs-, Betreuungs- und Bildungsarbeit voranzutreiben und im Sinne der Chancengerechtigkeit Ressourcen für Asylsuchende zu schaffen, Rassismus zu bekämpfen und gegen ständig restriktiver werdende rechtliche Rahmenbedingungen in Österreich und in Europa aufzustehen.
Wie alles begann
Ich erinnere mich noch gut, wie ich im September 1994 beauftragt wurde, die Idee des Integrationshauses in die Tat umzusetzen. Das „Modellprojekt“ Integrationshaus wurde 1995 eröffnet und sollte eine qualitätsvolle Alternative zur Unterbringung von Geflüchteten in Flüchtlingslagern sein, wo Tausende Menschen monatelang unter unzumutbaren Bedingungen und ohne adäquate psychosoziale Betreuung ihr Leben verbringen mussten. Das ganzheitliche Konzept des Integrationshauses wurde mit dem Ziel entwickelt, eine menschenwürdige Unterbringung, Versorgung und intensive psychosozialen Betreuung von zum Teil schwer traumatisierten Geflüchteten zu gewährleisten und mit entsprechenden Bildungs- und Integrationsmaßnahmen zu begleiten.
Kultur- und Sozialarbeit: eine gute Mischung!
Die Anforderungen wurden immer vielschichtiger und dadurch wurden im Laufe der Jahre die Angebote des Integrationshauses immer differenzierter und weiter professionalisiert. Neue innovative Ideen wurden laufend aufgegriffen. Dabei waren immer der Schutz von Geflüchteten, die Verteidigung des Asylrechts und die Förderung von Vielfalt und Mehrsprachigkeit zentrale Anliegen des Integrationshauses. Ein wichtiges Anliegen von Anfang an war immer die spannende Zusammenarbeit zwischen Kultur- und Sozialarbeit - bis heute ein wichtiges Markenzeichen des Integrationshauses, wie der alljährliche Flüchtlingsball am Besten zeigt.
Restriktive Gesetze und 30 Handlungsempfehlungen
Das Asyl- und Fremdenrecht wurde in den letzten Jahrzehnten ständig geändert und immer komplexer und restriktiver. Unzählige Gesetzesstellungnahmen haben wir in diesen 26 Jahren abgegeben! Die Auswirkungen auf die Betroffenen sind fatal, insbesondere auch aufgrund der Abschottungspolitik auf europäischer Ebene.Außerdem mangelt es in der Sozial-und Integrationspolitik sehr oft an den richtigen, zielführenden Maßnahmen. Daher haben wir anlässlich des 25-jährigen Bestehens des Integrationshauses in unserem Monitoring-Bericht „Flüchten-Ankommen-Bleiben!?“ Stellung bezogen und über 30 zukunftsweisende Handlungsempfehlungen für Politik und Gesellschaft präsentiert.
Solidarität statt Hartherzigkeit ist gefordert
Ganz besonders besorgniserregend ist das Fehlen von Solidarität bei der Schaffung einer menschenwürdigen Flüchtlingsaufnahme und eines fairen Asylverfahrens in Europa. Flüchtlingsrechte und Menschenrechte werden ständig mit Füßen getreten. In den letzten Jahren sind wir besonders gefordert, der sehr oft menschenverachtenden Politik auf Bundesebene entgegen zu treten. In der aktuellen Bundesregierung setzt sich in der Frage der Asyl- und Migrationspolitik zumeist die Hartherzigkeit der ÖVP durch, die nicht einmal davor zurückschreckt, gut integrierte Kinder abzuschieben und Nothilfe bei der Aufnahme von vulnerablen Personen aus Kara Tepe verweigert!
Das Integrationshaus heute
Heute ist das Integrationshaus Dank der Hilfe von Vielen ein auf nationaler und internationaler Ebene anerkanntes Kompetenzzentrum für die Aufnahme und Integration von Geflüchteten. Schutzsuchende finden hier sowohl Unterkunft als auch Betreuung, Bildung und Beratung. Menschen mit erhöhtem Betreuungsbedarf, wie Traumatisierte, Alleinerzieher*innen, physisch und psychisch Kranke sowie unbegleitete minderjährige Flüchtlinge werden besonders berücksichtigt. Das Integrationshaus hilft, eine Zukunftsperspektive zu finden und ist ein Ort der guten Praxis für Flüchtlingsschutz und gelebte Solidarität!
Danke für die gelebte Solidarität!
Ohne die solidarische Unterstützung unserer Spender*innen, Fördergeber*innen, Unterstützer*innen, Kooperations- und Netzwerkpartner*innen, Freiwilligen und Mitarbeiter*innen und vor allem der Initiator*innen und Vorstandsmitglieder gäbe es kein Integrationshaus! Danke für die tolle und gute Zusammenarbeit in all diesen Jahrzehnten!
Viel Erfolg den neuen Geschäftsführer*innen!
Meinen beiden Nachfolger*innen in der Geschäftsführung, meinem langjährigen Kollegen Martin Wurzenrainer, der die fachliche Geschäftsführung übernimmt und meiner neuen Kollegin Alexandra Jachim, die die wirtschaftliche Geschäftsführung übernimmt, wünsche ich von ganzem Herzen, dass sie die Arbeit genauso gerne machen wie ich und einen langen Atem und viel Kampfesgeist um für den Schutz von Geflüchteten einzutreten!"