Wichtige Forderungen aus der Sicht des Integrationshauses, von Andrea Eraslan-Weninger, Geschäftsführerin.

1.       Das Integrationshaus steht für eine Integrationspolitik ab dem ersten Tag

Wir wissen aus unserer jahrzehntelangen Erfahrung, wie wichtig es ist, Integrationsmaßnahmen schon während des Asylverfahrens anzubieten. Dazu braucht es aber ein differenziertes Bildungs- und Ausbildungsangebot der Erwachsenenbildung ebenso wie integrativen Schulunterricht und einen Zugang zum Arbeitsmarkt auch schon während eines Asylverfahrens. Und es braucht dem Bedarf und den Bedürfnissen entsprechende Alphabetisierungskurse, Basisbildungskurse, Sprachkurse auf den unterschiedlichsten Niveaus, Pflichtschulabschlusskurse, Kompetenzchecks, Berufsorientierungs- und Qualifizierungsmaßnahmen wie Facharbeiterintensivausbildungen und vieles mehr.

Leider wurde von Seiten der Bundesregierung - anstatt den Arbeitsmarkt für Asylwerber*innen weiter zu öffnen - der Zugang für Lehrlinge in Mangelberufe abgeschafft, obwohl eine EU Richtlinie für Asylsuchende einen effektiven Arbeitsmarktzugang vorsieht! Ebenso wurden die Finanzmittel für die Finanzierung der Flüchtlingsinitiative und das Integrationsjahr gestrichen. Geflüchtete verlieren dadurch die Chance auf eine gute Arbeitsmarktintegration. Wer es ernst meint mit der Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten muss bereit sein, die notwendigen Arbeitsmarktförderungsmittel für sinnvolle Maßnahmen bereit zu stellen. Die Streichung der Mittel für das Integrationsjahr und andere Kursmaßnahmen sind jedenfalls kontraproduktiv. Ebenso falsch ist die Schließung des Arbeitsmarktes für Asylsuchende. Dies belegt auch eine Studie aus Deutschland, wo der Arbeitsmarktzugang für Asylsuchende entsprechend liberalisiert wurde.

2.       Wir brauchen eine Mindestsicherung, keine Rückkehr in die Armenfürsorge!

Kritik am Ausschluss von subsidiär Schutzberechtigten

Subsidiär Schutzberechtigte, die derzeit Mindestsicherung beziehen, würden durch die neuen Regelungen nur noch €  365,-  im Monat erhalten. Viele Betroffene könnten die Miet- und Energiekosten nicht mehr bezahlen und dies würde viele Familien in die Obdachlosigkeit treiben. Eine Umsetzung der aktuellen Vorschläge bedeutet für subsidiär Schutzberechtigte bitterste Armut und steht auch im Widerspruch zur Genfer Flüchtlingskonvention.

Kritik an der Verknüpfung der Sozialhilfe mit Sprachkenntnissen und Bildungsabschlüssen

Weiters sieht der vorliegende Entwurf zum Sozialhilfe-Grundsatzgesetz vor, dass 35% der Leistung der Sozialhilfe von der Vermittelbarkeit auf dem österreichischen Arbeitsmarkt abhängig ist. Dabei sind die Richtsätze so knapp bemessen, dass die Leistung nicht mehr existenzsichernd ist. Die Vermittelbarkeit gilt als erfüllt, wenn Sprachkenntnisse auf dem Niveau B1 (Deutsch) oder C1 (Englisch) nachgewiesen werden.

Obwohl intendiert ist, dass alle Sozialhilfebezieher*innen – auch österreichische Staatsbürger*innen - die Voraussetzungen erfüllen müssen, ist naheliegend, dass geflüchtete Menschen wesentlich höhere Hürden zu überwinden haben. Für diese wird über das Erfordernis der B1 Prüfung eine Wartefrist eingeführt. Das Integrationshaus lehnt eine Verknüpfung von Sprachkenntnissen bzw. Bildungsabschlüssen als Anspruchsvoraussetzung für die Inanspruchnahme von Sozialhilfe entschieden ab. Die vorgeschlagene Regelung widerspricht unserer Meinung nach der Genfer Flüchtlingskonvention und der Statusrichtlinie!

Sparen bei vulnerablen Kindern

In der Gesetzes-Beilage wird beim Punkt „Sparpotenzial“ zu Kindern sogar explizit darauf hingewiesen, dass Einsparungen in der Spannbreite von 30 bis 40 Millionen Euro hauptsächlich „Familien mit Migrationshintergrund treffen“ sollten, weil darunter „häufiger Mehrkindfamilien“ wären. Bei besonders vulnerablen Kindern aus sozial schwachen Familien sparen zu wollen, ist nicht nur zynisch und in diesem Fall auch rassistisch, sondern letztlich auch sehr teuer für den Zusammenhalt der Gesellschaft.

3.       Die Menschen brauchen Aufenthaltssicherheit und eine Zukunftsperspektive!

Wir wissen aus unserer täglichen Arbeit im Wohnheimbetrieb, in den Beratungsstellen und in den Bildungsmaßnahmen, mit wieviel Angst Geflüchtete bezüglich ihrer Aufenthaltssicherheit zu kämpfen haben. In Österreich wurde das Asyl- und Fremdenrecht weiter massiv verschärft, aber vor allem auch die rechtlichen Entscheidungen in der Praxis werden immer willkürlicher und restriktiver.

Denken wir an die Asylverfahren, wo die durchschnittliche Aufhebungsquote des Bundesverwaltungsgerichts von Bescheiden in Asylangelegenheiten im Jahr 2017 bei 42,4 % lag. Denken wir an die vielen Abschiebungen nach Afghanistan, obwohl Afghanistan nicht sicher ist! Die vielen Bleiberechtsfälle, bei denen zumeist inhaltlich vollkommen unverständlich ist, wie es zu solchen Entscheidungen überhaupt kommen kann. Denken wir an die abgeschobenen Lehrlinge … Sehr viel Angst verbreiten aktuell leider auch die Aberkennungsverfahren bei subsidiärem Schutz, die uns in letzter Zeit in unserer unabhängigen Rechtsberatung sehr beschäftigen. 

Wir haben in unserer täglichen Beratungs- und Betreuungsarbeit sehr oft das Gefühl, dass seitens der Bundesregierung alles unternommen wird, damit Integration nicht stattfinden kann. Geflüchtete werden zu Sündenböcken gemacht und sind ständig bedroht vom Damoklesschwert der Unsicherheit! Und fast jede Woche kommen neue unmenschliche Vorschläge aus dem Innenressort.

4.       Über die Wichtigkeit der NGOs in der Flüchtlingsarbeit

Wir müssen alles unternehmen, damit auch zukünftig engagierte NGOs mit ihrem Fachwissen und ihren Erfahrungen Geflüchteten durch professionelle Beratung, Betreuung und Bildung in Kooperation mit freiwilligen Mitarbeiter*innen parteiisch zur Seite stehen können. Nur so können wir das Asylrecht und den Schutz von Flüchtlingen verteidigen.

 Danke für Ihre Aufmerksamkeit!

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